Hochbegabt und Probleme mit Vorgesetzten und Kollegen?

Schlau, schlauer, einsame Wölfin

Letztens erzählte mir eine Klientin, dass Meetings sie oft zum Wahnsinn treiben. Das gummiartige in die Länge ziehen von Themen und das sich immer wieder um denselben Brei Drehen. Obwohl doch ihrer Meinung nach schon vor einer Stunde eine logische Lösung gefunden war, oftmals von ihr vorgeschlagen.

Dann der Ärger und die innere Wut, wenn Stunden später eine Kollegin oder ein Kollege, in andere Worte verpackt, genau dieselbe Lösung vorschlagen, die sie bereits gemacht hatte. Sie selbst wurde beim Vorschlagen dieser Lösung jedoch verständnislos angeschaut und einfach überhört! „Das ist aber längst noch nicht alles!“, sagte sie. „Wenn ich dann darauf aufmerksam mache, dass dieser Lösungsschlüssel schon vor Stunden von mir gemacht wurde und dass seitdem viel Zeit für nichts vertrödelt wurde, schauen sie mich verständnislos an. Sie glauben mir nicht oder fangen sogar an, das ins Lächerliche zu ziehen. Ich fühle mich dann immer sehr schlecht, unverstanden, bin verletzt und zweifle an mir selbst. Auch frage ich mich, ob ich wirklich dieselbe Sprache spreche wie meine Kollegen.“

Illustration von Uta Kaltwasser - Kopiright Kirsten Kampmann-Aydogan

Ein kleiner Ausflug in die Welt der „Highbrainies“

So wie dieser Frau geht es den meisten Hochbegabten, die in Meetings sitzen, und die in der Lösungsfindung viel schneller kombinieren, strukturierter und abstrakter denken als die meisten anderen. Dieser gedankliche Überholvorgang führt dazu, dass die anderen Meeting-Teilnehmer*innen sie mit Nichtachtung strafen, oder sie werfen ihnen sogar Überheblichkeit und unkollegiales Verhalten vor.

Das Nichtverstandenwerden von Kolleg*innen und Vorgesetzten entsteht häufig auch durch ihr unglaublich schnelles Sprechen. Denn das Kopfkino dieser Menschen ist so groß und schnell, dass sie ihre Gedanken oftmals nur durch einen großen Redeschwall kompensieren können. Wenn sie dabei aber immer wieder ausgebremst werden, fallen diese sehr wertvollen Meeting-Teilnehmer*innen irgendwann in eine Art Lethargie, sind gelangweilt und ziehen sich zurück. Oder sie gehen in den Widerstand. Egal, welche Verhaltensweisen sie an den Tag legen, sie polarisieren.

Es ist ungefähr so, als wenn ein Rennwagen, der gerade dabei ist seine volle PS-Zahl auszufahren, vor die Wand fahren muss oder zumindest ständig zu einer Vollbremsung gezwungen wird. Im schlimmsten Fall entstehen tiefe Trauer oder schwere Depressionen, da die Sorge, nicht richtig verstanden zu werden, ja gar „falsch“ zu sein, ständig mitschwingt.

Meine Klientin fand für sich ein Ventil zur Kompensierung. Sie konnte ja den wichtigen Konferenzen nicht einfach fernbleiben, aber sie brauchte einen Ausgleich, um nicht zu platzen: Sie joggte sich in den kurzen Pausen immer wieder frei. „Das hat mir Erleichterung gegeben und wieder einen klaren Kopf verschafft. Mir war in dem Moment auch total egal, was meine Kollegen von mir denken!“, erläuterte sie mir.

Leider ist über das Thema Hochbegabung immer noch nicht so viel bekannt, dass es eine Berücksichtigung bei der Personalwahl findet oder dass die „Eigenarten“ der Kolleg*innen richtig gedeutet, verstanden und zum Vorteil genutzt werden. Auch fehlt den Betroffenen häufig das Bewusstsein für die eigenen Begabungen. Sie wundern sich, dass es schlecht läuft, fühlen sich missverstanden, nicht dazugehörig und werden zum Außenseiter. Grund dafür ist unter anderem das Verständnis, welches die Allgemeinheit zum Thema Hochbegabung hat.

Hochbegabung und der IQ

Eine wissenschaftlich anerkannte, eindeutige Definition von Intelligenz existiert nicht. Man geht davon aus, dass der Intelligenzquotient, kurz IQ genannt, in der Weltbevölkerung normalverteilt ist. Die ‚Gaußsche Kurve‘ zur Normalverteilung der Intelligenz der Bevölkerung ist somit konstruktiv entstanden, damit die Menschen einen Normwert für Intelligenz erhalten. Auf diese Annahme, dass Intelligenz wie in der hier dargestellten Kurve verteilt ist, sind die Intelligenztests aufgebaut worden. In den meisten Kurven sind auch die prozentualen Werte der IQ-Verteilung in der Bevölkerung aufgeführt. Dieses habe ich bewusst nicht gemacht. Ich habe an dieser Stelle lediglich die bildliche Darstellung gewählt, um die Verteilung besser verständlich zu machen.

In den Tests wird das Augenmerk nur auf den logisch-mathematischen Bereich gelegt. Das Spektrum der Intelligenz ist jedoch viel breiter gefächert. Ein üblicher IQ-Test und der sich daraus ergebende Zahlenwert ist so betrachtet eine sehr einseitige Beurteilung. Hinzu kommt, dass jede Testung immer auch von der Tagesform der der getesteten Person abhängt.

Als Beispiel: Mein Sohn wurde (wegen Auffälligkeiten in der Schule) zwischen dem 7. und 15. Lebensjahr vier Mal getestet. Die Testaufgaben entsprachen stets seinem Alter. Es handelte sich jedoch immer um unterschiedliche Tester, und er war in unterschiedlichster psychischer Verfassung. Also schwankten seine Testergebnisse zwischen den Durchschnitts-IQ-Werten von 112 bis 135. (Hier eine kurze Erläuterung: Ein Durchschnittswert von um die 100 ist ein „normaler“ Intelligenzwert. Ab einem IQ-Wert von 115 spricht man von einer überdurchschnittlichen Intelligenz und ab einem IQ-Wert von 130 von einer Hochbegabung.)

Ähnlich wie meinem Sohn erging es vielen meiner späteren Klienten. Ein junger Mann kam zu mir ins Coaching und berichtete, dass er nicht hochbegabt sei. Er sei vor längerer Zeit bei einem Kollegen von mir gewesen – einem Diplom Psychologen, spezialisiert auf das Thema Hochbegabung. Dieser hätte einen IQ-Test gemacht, der unter 130 ausgefallen sei. Da meine Klient*innen mir immer erst eine Lebensgeschichte schreiben müssen – das ist die sogenannte Biografiearbeit – konnte ich dieser entnehmen, dass seine Schwester schon als Kind auf Hochbegabung getestet wurde und daraufhin ein spezielles Internat besuchte. Nach näheren Berichten erfuhr ich, dass mein Klient zum Zeitpunkt der Testung in einer schweren depressiven Episode steckte und sogar mit einem Antidepressivum behandelt wurde. Ein Mensch, der in einer Depression steckt, ist antriebslos und hat unter anderem schwere Denkblockaden. Somit war es für mich kein Wunder, dass dieser hochintelligente junge Mann zum Zeitpunkt der Testung seine wirklichen Potenziale nicht leben konnte.

Dieses Beispiel war ein Grund mehr für mich, keine IQ-Tests zu machen und auch meinen Klient*innen immer davon abzuraten. Ich arbeite nach der ‚Rahmen-Theorie‘ von Howard Gardner und lege den Schwerpunkt eher auf die Vielbegabung.

Howard Earl Gardner (* 11. Juli 1943 in Scranton, Pennsylvania, USA) ist Professor für Erziehungswissenschaften und außerordentlicher Professor für Psychologie an der Harvard University sowie außerordentlicher Professor für Neurologie an der Boston University School of Medicine. Er ist erfolgreicher Autor mehrerer populärwissenschaftlicher Bücher und beschäftigt sich mit Fragen der Neuroethik. Gardner entwickelte eine alternative Theorie zur Intelligenz, die ‚multiple Intelligenzen‘, und beschreibt sie in seinem Buch „Abschied vom I.Q. – Die Rahmen-Theorie der vielfachen Intelligenzen“.

In den Augen von Howard Gardner hat jeder Mensch besondere Gaben. Ich möchte hier ein paar der zahllosen Hoch-X-Gaben nennen:

  • logisch/mathematische Intelligenz
  • Sprachliche Intelligenz
  • Emotionale Intelligenz
  • Neurosensitive Intelligenz, wie z. B.: Olfaktorische Intelligenz (hoher Geruchssinn) oder das Absolute Gehör
  • Kinästhetische Hochbegabung (z. B. Schlangenmenschen)
  • Kreative Intelligenz
  • Vielbegabung

In meinen Coachings, Beratungen, Seminaren oder Workshops wird vielen Teilnehmer*innen zum ersten Mal bewusst, dass sie besondere Begabungen haben und nicht „unnormal“ oder gar „krank“ sind. So viele Tränen der Erleichterung sind daraufhin schon geflossen. Wenn auch du eine Beratung oder eine Potenzialanalyse wünscht, dann melde dich doch zu einem virtuellen Treffen mit mir an. Ich freue mich auf das Kennenlernen mit dir. Zur unverbindlichen Anmeldung kommst du HIER

In meinem Buch: INTELLIGENT, KOMPETENT UND EWIGE ASSISTENTIN? Warum hochqualifizierte Frauen die Vorstandsebene nur selten erreichen – möchte ich auf zwei weitere Begabungen etwas näher eingehen, da sie – wie die Hochbegabung – auf den Beruf und somit auf das Unternehmen sowie auf Mitarbeiter Einfluss haben.

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    INTELLIGENT, KOMPETENT UND EWIGE ASSISTENTIN?
    Warum hochqualifizierte Frauen die Vorstandsebene nur selten erreichen

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    In diesem ersten Kennenlerngespräch werden wir schauen, ob die Chemie zwischen uns stimmt und ob ich die Richtige bin, die Dich ein Stück auf Deinem Weg der Persönlichkeits- und Potenzialentwicklung begleitet.