Neurosensitivität im Job

Neurosensitivität ist die Fähigkeit, Umgebungsreize zu registrieren und zu verarbeiten.

Der Entwicklungspsychologe Dr. Michael Plüss benutzte diesen Begriff 2015 zum ersten Mal im Zusammenhang mit „Sensory-Processing Sensitivity“, um damit auf die individuellen Unterschiede in der Sensitivität des Nervensystems zu verweisen. Im allgemeinen Sprachgebrauch verwenden wir den oft fälschlich interpretierten Begriff der Hochsensibilität.

Neurosensitivität ist keine Krankheit

Neurosensitivität ist, wie Hochbegabung, keine Krankheit, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal. Nach neusten Forschungen lassen sich Menschen in drei Kategorien von Sensitivität einordnen:
Es gibt die durchschnittlich Sensitiven, das sind ungefähr 41 bis 47 Prozent aller Menschen. Weitere 20 bis 35 Prozent sind weniger sensibel als der Durchschnitt, und bei 25 bis 35 Prozent spricht man von Hochsensibilität. Bei diesen hochsensiblen Menschen stehen alle sensorischen Antennen stets auf vollem Empfang. Es fehlt ihnen eine Art Filter, der die Reize sortiert und selektiert. Durch das permanente, ungefilterte den Umwelteinflüssen Ausgesetztsein – wie zum Beispiel in Großraumbüros – entsteht leicht eine Reizüberflutung.

Dieses stellt einen Dauerstress dar, der im schlimmsten Fall zum Burnout führt.

Für diese empathischen Menschen ist es besonders wichtig, den richtigen Job auszuüben – in der für sie richtigen Position. Sie lieben zwar neue Impulse und Herausforderungen, brauchen aber auch sehr viel Freiraum, damit sie ihre Berufung mit Herzblut leben können. Freiraum schafft zum Beispiel das sogenannte Homeoffice. Es trägt zum Wohle dieser Persönlichkeiten als auch der Firma bei. Hier kann der Mitarbeiter ganz in seinem individuellen Tempo und in seinen eigenen Strukturen schalten und walten. Dadurch ist er in der Lage, sein volles Potenzial zu entfalten.

Das Unternehmen schafft die Flexibilität, und beide profitieren enorm dadurch.

Neurosensitive Menschen sind Unternehmensschätze

Durch ihre hohe Feinfühligkeit, ihren Weitblick und ihren Hang alles zu optimieren, eignen sie sich großartig als Controller, und sie sind hervorragende Team-Leader. Ihre Mannschaft leiten sie mit Fingerspitzengefühl und bringen das Team geschickt zu Höchstleistungen. Grundvoraussetzung ist auch hier, dass sie ihre eigenen Talente nicht nur kennen und akzeptieren, sondern ebenso das richtige Umfeld haben, in dem sie kreativ agieren können.

Menschen mit einer ausgeprägten Neurosensitivität sind keine Mimosen, Weicheier oder gar, dass sie nur unter Frauen zu finden wären. Ich wünsche mir in Zukunft mehr Aufgeschlossenheit in den Unternehmen für diese so wertvollen Team-Player.

Wie oben schon angedeutet, gilt diese Beschreibung natürlich nicht nur für Frauen. Männer mit einer überdurchschnittlichen Intelligenz und mit einer ausgeprägten Empathie leiden genauso, wenn sie ihre Qualitäten nicht (aus-) leben können. Jedoch ist es für diese Frauen im Berufsleben noch schwieriger. Hauptursache sind die alten Strukturen und das Hierarchiedenken, das in unserer Gesellschaft leider immer noch maßgeblich gelebt wird.

Als Kirsten Kampmann-Aydoğan anfing dieses Buch zu schreiben, stellte sie sehr schnell fest, dass sie daraus auch eine Doktorarbeit hätte machen können. In dem Moment kam ihr Perfektionismus wieder in ihr hoch und versuchte Oberhand über sie zu gewinnen. Aber dann wurde ihr klar, dass es hier nicht um ihre Person oder ihr Ego geht. Sie wollte kein Buch in die Öffentlichkeit schicken, wo es mal wieder nur um Zahlen, Fakten, Daten und Statistiken geht. Sie möchte mit diesem Buch Menschen berühren, ihr Bewusstsein aktivieren und sie zum Umdenken bewegen. Sie kommt auch nicht mit dem Zeigefinger daher. Ihr ist wichtig zu beleuchten, warum es so ist, wie es ist. Anhand von vielen Fallbeispielen, die Kirsten aus ihrer Praxis hat, zeigt sie realistische Situationen auf und geht dann, Schritt für Schritt mit dem Leser, in die Analyse.

In diesem Buch macht sie eine kleine Reise durch die Menschheitsgeschichte und beleuchtet dabei ein wenig die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau in deren DNA. Natürlich stehen auch ihre Schwerpunkt-Themen im Vordergrund: Hochbegabung, Vielbegabung sowie Neurosensitivität, die immer wieder den Bezug zum Job und dem Betriebsumfeld geben…

Quelle: Neurosensitivität
Forschung von Wissenschaftler Patrice Wyrsch der Universität Bern
Recherchedatum: 30.05.2020