Gehirnfürze

… kennst Du diese?

In den letzten Tagen wurde ich wieder mehrfach mit einem derartigen Phänomen konfrontiert und bekam die volle Ladung meines Gegenübers ab! Kennst Du das, dass Mitmenschen Verhalten und Worte von Dir so interpretieren, wie Du es aber auf gar keinen Fall gemeint hast?

Das ist der sogenannte Gehirnfurz.
Er trifft sehr häufig bei hochsensiblen Menschen auf, aber auch Hochbegabte schaffen es, durch ihre vollkommen andere Denkstruktur, permanente Gehirnfürze zu produzieren.

Wie entwickelt sich so ein Gehirnfurz?

In der Psychologie spricht man auch von der selektiven Wahrnehmung. Das Gehirn ist ständig auf der Suche nach schon bekannten Mustern, die es aus erlernten abgespeichert hat. So kann es neue Informationen besser einordnen. Dies ist erforderlich, um die Fülle an Informationen überhaupt bewältigen zu können. Dabei ist die selektive Wahrnehmung die – meist unbewusste – Suche nach einem bestimmten Muster. Argumente, die die eigene Position, die eigenen Ansichten, stützen, werden somit stärker wahrgenommen.

Insbesondere hochsensible Menschen nehmen, durch den fehlenden Filter im Gehirn, nicht nur ungefiltert alle Eindrücke auf, sondern auch ungefiltert alles, was andere sagen, schreiben oder tun. Sie beziehen so gut wie immer alles auf sich selbst. Sogar, wenn sie gar nicht direkt betroffen sind. Es fehlt ihnen die innere Reflektion und somit spinnt sich das pausenlos arbeitende Gehirn seine eigenen Kausalitäten.

Kommt erschwerend eine Stresssituation hinzu, wird der meist unschuldige Gegenüber ruck zuck in eine Schublade gedrängt, aus der er so schnell nicht wieder heraus kommt. Versucht dieser Gegenüber sich aus der eingeklemmten Situation zu befreien, kann es zu noch verquergehenden Interpretationen kommen. Endresultat sind Missverständnisse auf beiden Seiten, die unter Umständen zum Zerwürfnis führen.

Beschreibung eines Betroffenen

Tobi Katze hat dieses sehr gut in seinem Beitrag „Hochsensibel – nicht höchst sensibel“ beschrieben:

Denken ist toll, zu weit denken nicht so sehr.

Mein filterloses Hirn muss scheinbar ständig überall Kausalzusammenhänge wahrnehmen. Und in Kombination mit Depression sind das eben Kausalzusammenhänge, die ausschließlich gegen mich gerichtet sind. Geile Kombi, sag ich ja.
Stellte ich mir vor, ich hätte lediglich eine Depression, funktionierten meine Filter – dann würde ich mir viele Gedanken gar nicht erst machen, die meine Depression dann pervertieren könnte. Ich wäre immer noch antriebsarm und der festen Überzeugung, die Welt sei mein Feind. Aber diese Überzeugung wäre nicht mehr so furchtbar laut und präsent, so vehement. 

Ich kann nichts ausschalten.

Meine Gefühle rauschen ungehindert durch mich durch wie ein Wasserfall, jedes Wort meiner Liebsten rauscht durch mich hindurch und hallt an den Felswänden meines Kopfes wider, jede kleinste Variation von Intonation und Stimmfarbe kann ich spüren. Aber ich kann sie nicht richtig deuten, weil da meine Depression eben dazwischen grätscht und die Interpretation übernimmt.“

Die Gedanken

Alles was wir denken, sind UNSERE Gedanken, UNSERE Wahrnehmungen und UNSERE Interpretationen. Es spielt sich ganz allein in unserem Kopf ab. Wir können nur vermuten, was der andere gerade denkt, wahrnimmt oder mit seinem Verhalten und seinen Worten ausdrücken möchte. Es ist unsere Interpretation, unser Kopfkino, das wir in Gang setzen.

Ist es nicht wirklich anmaßend zu meinen, dass man genau weiß was der andere gerade denkt! Und dass das, was er gerade tut und wie er handelt, mit uns zu tun haben muss. Ja, dass er es unter Umständen sogar böswillig sagt und tut?

Wie Byron Katie es so schön ausdrückt: „Die drei Angelegenheiten: MEIN, DEIN und GOTTES!“

Wie vermeide ich derartige Gehirnfürze?

  1. Ist es schon mal super, wenn Du für Dich festgestellt hast, dass Du Gehirnfürze produzierst.
  2. Wenn das nächste Mal eine Situation auftaucht, wo sich so ein Pups wieder im Gehirn quer setzen möchte, halte inne!
  3. Atme 10x tief ein und aus. (das ist kein Scherz, tiefe Atemzüge helfen immer)
  4. Dann versuche Dich aus der Situation herauszunehmen.
  5. Stelle Dich nach außen und betrachte die Situation aus einer anderen Perspektive.
  6. Dann fühle wieder in Dich hinein und reflektiere.
  7. Nun stelle Dir folgende Fragen:
    7.1 Was hat das jetzt mit mir zu tun?
    7.2 Bin ich wirklich gemeint?
    7.3 Triggert da etwas in mir, was vielleicht eine tiefere Ursache hat?
    7.4 Spiegelt mir mein Gegenüber etwas, was mir gehört?
  8. Schreibe Dir Deine inneren Antworten auf.
  9. Schlafe eine Nacht darüber und schau, ob am kommenden Tag der anbahnende Furz verflogen ist.
  10. Wenn nicht, dann gehe ruhig und wertfrei in den direkten und persönlichen Dialog
    mit dem Auslöser Deines Gehirnfurzes. Beschreibe ihm Deine Bedenken und Du
    wirst sehen, dass sich spätestens hier alles von allein auflöst.

Unsere digitalisierte Welt und die ständigen SMS, WhatsApp, Mails, Posts etc. fördern solche „schrägen“ Gedankengänge, die sich dann zu Missverständnissen weiterentwickeln.

Somit ist es ausgesprochen wichtig, dass Du in den direkten Austausch gehst und das persönliche Gespräch suchst. Wenn Du ein empathischer Mensch bist, kannst Du durch Deine feinen Antennen, die Stimmung des Redepartners spüren, sowie Mimik und Gestik wahrnehmen. Vorschnelle Urteile kommen dann erst gar nicht auf.

Ich wünsche Dir viel Spaß, beim Aufspüren, Erkennen und Fliegenlassen Deines Gehirnfürzes.
Herzlichst Deine Kirsten